Richtlinien für Seminarvorträge (Entwurf)
Date: October 19, 2004
Ziel eines Seminarvortrages ist es, Information zu vermitteln.
Wir möchten einige Vorschläge dazu machen, wie das
gelingen kann.
- Jeder auftretende Begriff muss definiert sein!
- Begriffe, die jeder Zuhörer kennt:
In diesem Seminar können Sie etwa die Definitionen
von ``Matrix'', ``reelle Zahlen'', ...als bekannt voraussetzen.
Diese Begriffe können Sie verwenden, ohne sie zu definieren.
Welche Begriffe das sind, hängt vom Publikum ab.
- Begriffe, die wahrscheinlich bekannt sind, aber
verschieden definiert sind:
Machen Sie klar, ob Ihre Ringe ein Einselement haben,
ob Sie Gruppen als Algebren mit einer binären Operation,
oder als Algebren mit einer binären, einer unären, und
einer nullären Operation sehen, ob 0 eine
natürliche Zahl ist, ..., falls das für Ihren Vortrag
relevant ist.
- Begriffe, die vielen unbekannt sind: Geben Sie eine
Definition. Sollten mehrere Definitionen bekannt sein
(Bsp.: Fastring (Gilt das Links- oder Rechtsdistributivgesetz?)),
so entscheiden Sie sich für eine,
bei der Sie dann für Ihren
Vortrag bleiben.
Sie sollten in der Lage sein, auf Anfrage jeden
auftretenden Begriff genau zu definieren.
Wenn Sie einen Begriff einführen, der für einen Teil ihres
Publikums neu ist, so geben Sie ein typisches Beispiel.
- Visuelles:
Fast alles, was Sie in Ihrem Vortrag sagen, sollte
(zumindest kurz gefasst) gleichzeitig geschrieben erscheinen.
Dazu gibt es folgende Möglichkeiten:
- Tafel: Ideal für das Entwickeln von
Beweisen, für die Formulierung von
Sätzen, ....
Beachten [Kra94]:
- Teilen Sie die Tafelfläche in mehrere ``Seiten''.
- Bevor Sie an einer Tafelseite zu schreiben beginnen,
löschen Sie die gesamte Tafelseite.
- Schreiben Sie schön, groß und dick genug in geraden Zeilen.
- Sprechen Sie mit, während Sie an die Tafel schreiben.
- Beschreiben Sie die Tafelseite von oben nach unten.
- Löschen Sie nur Schreibfehler. Nie mit der Hand, sondern immer
mit dem Tafeltuch oder Schwamm löschen.
Jede Tafelseite sollte so beschrieben werden, dass ihr Foto als
Vortragsunterlage veröffentlicht werden könnte, ohne dass das peinlich
ist.
- Overheadfolien: Ideal für Zeichnungen und Tabellen. Günstig für
die Formulierung von Sätzen, die auf diese Weise gesehen werden
können, während Sie den Satz an der Tafel beweisen.
Beachten:
- Große Schrift (zumindest 15pt);
LATEX mit
\documentclass{slides}
macht
automatisch schöne Folien.
- Schreiben Sie statt längerer Prosa
lieber einige
Stichwörter auf die Folie.
- Es ist günstig, vorzulesen, was auf der Folie steht.
- Achten Sie darauf, dass die Folie lange genug liegen bleibt, dass
sich Ihre Zuhörer Definitionen oder Sätze einprägen können,
oder
sie zumindest abschreiben können. Verwenden Sie z.B.
Folien und Tafel abwechselnd. Nehmen Sie Rücksicht auf
Zuhörer, die eine halbe Minute hinten sind.
(Sehr oft werden die Folien viel zu schnell
gewechselt.)
- Beamer:
Ideal zur Präsentation von Computerprogrammen.
- Bei Powerpoint & Co - Präsentationen
ähnliche Gefahr wie bei Folien: Kaum da, schon wieder weg.
- Technische Probleme (dadurch späterer Anfang des Vortrags,
oft Lichtstärke des Beamers nicht ausreichend).
- Akustisches: So sprechen, dass Sie die Zuhörer in der letzten Reihe problemlos
verstehen können; langsam sprechen.
Hochsprache vs. Umgangssprache:
Vorteile der Umgangssprache: bequemer für den Sprecher, wirkt natürlicher.
Vorteile der Hochsprache: Außerhalb des eigenen Landesviertels besser verständlich,
besonders für ausländische Zuhörer, mathematische Sachverhalte oft besser
formulierbar. Führt meist auch zu klareren Sätzen. Wirkt kompetenter.
Daher mein Votum: Nach Möglichkeit Hochsprache verwenden.
Verwenden Sie kurze, klare Sätze.
- Vorbereitung: In ihren Vortragsunterlagen sollte zumindest der gesamte Text stehen, den Sie an die Tafeln
schreiben wollen.
Die ersten Sätze, die Sie sagen wollen, auswendig lernen. Etwa: ``In meinem heutigen Vortrag geht es um die Interpolation mit Polynomfunktionen.''
Nach dem man aufgerufen worden ist, langsam nach vor gehen; ggf. Overhead
einschalten und scharf stellen. Wenn alles fertig vorbereitet ist,
ruhig stehen bleiben, ins Publikum schauen, eventuell
kurz grüßen ``Schönen Nachmittag!''. Dann den auswendig
gelernten ersten Satz abliefern.
Wenn Sie eingeladen worden sind, zu sprechen, dann sollten Sie sich am Anfang bedanken:
``Guten Tag. Ich freue mich, heute hier an diesem wunderschönen Campus
zu sein und möchte mich ganz herzlich bei Herrn Pilz und dem Institut für
Algebra für die Einladung bedanken.''
Schlusspunkt: ``Danke für die Aufmerksamkeit.'' Dann stehen bleiben für Fragen.
- Fragen aus dem Publikum während des Vortrags und nach dem Vortrag:
Frage wiederholen. Immer respektvoll behandeln.
- Allgemeines:
- Blickkontakt mit verschiedenen Zuhörern und nicht
mit dem Seminarleiter.
- Interesse zu Beginn wecken, und so vortragen, als ob Sie
das Thema interessierte.
- Wichtige Punkte herausheben.
- Machen Sie immer klar, was Ihr eigener
Beitrag ist, und von wem ein fremder Beitrag ist.
Vorsicht bei Bewertungen von Beiträgen.
Die Präsentation eines Aufsatzes kann etwa so aussehen:
Hier sollte die Frage
``Welches mathematische Problem wird in der vorliegenden Arbeit gelöst?''
beantwortet werden.
In diesem Teil sollte das Problem so formuliert werden,
dass es beurteilbar ist, ob ein Satz das Problem
löst oder nicht.
Beispiel:
Für welche kommutativen Ringe mit Eins sind alle
-stelligen Funktionen Polynomfunktionen?
Die zugrundeliegende Frage kann allgemeiner sein, etwa
Beschreibe Polynomfunktionen auf kommutativen Ringen mit Eins!
Es ist dann aber gut, konkrete Fragen zu stellen, die sich
mathematisch beantworten lassen, etwa
- Auf welchen Ringen ist jede Funktion eine Polynomfunktion?
- Auf welchen Ringen ist jede kongruenzerhaltende Funktion
Polynomfunktion?
- ...
Die erste Aufgabe ist, Ihren Zuhörern die Aussage des Satzes
zu vermitteln.
- Formulierung des Satzes: Achten Sie darauf, dass
alle auftretenden Begriffe definiert sind.
Bedenken Sie, dass sich Ihre Zuhörer neue
Definitionen schlecht merken können.
Störend sind unnötige Symbole, besonders, wenn Sie vielfach
indiziert sind.
Also ``Jede differenzierbare Funktion auf den reellen Zahlen
ist stetig'' ist besser als ``
''.
Viele Sätze sind sehr allgemein; zeigen Sie
konkrete Spezialfälle. Oft ist es auch sinnvoll,
bei der Präsentation mit einfachen Spezialfällen zu beginnen,
und diese immer weiter zu verallgemeinern,
bis man bei dem Satz landet, den man vorstellen will.
- Anwendung des Satzes:
Präsentieren Sie Spezialfälle des Satzes,
oder zeigen Sie Probleme,
die mit diesem Satz gelöst werden können.
Die Struktur des Beweises ergibt sich aus der logischen
Struktur des Satzes.
Beispiele (nach [Buc91]):
- Der Satz ist von der Form ``
'':
Der Beweis kann so aussehen.
Wir nehmen an, gilt. Wir zeigen .
...
Also gilt .
- Der Satz ist von der Form ``
'':
Der Beweis kann so aussehen.
Wir konstruieren ein , sodass gilt. ...
Sei
.
Wir zeigen nun, dass und .
...
- Der Satz ist von der Form ``
''
Der Beweis kann so aussehen.
Sei (beliebig aber fest).
...
Daher gilt .
- Der Satz ist von der Form
.
Ein ``indirekter Beweis'' kann so aussehen:
Wir nehmen an, dass gilt.
Wir wollen zeigen. Nehmen wir dazu an,
dass gilt. .... Das ist ein Widerspruch.
Folglich gilt .
Man kann bei der Präsentation des Beweises
dieser logischen Struktur folgen.
Es ist notwendig, dass der Zuhörer stets weiß, was
logisch gerade passiert. Erklären Sie also
immer, was als nächstes passiert.
Dazu helfen Sätze wie
``wir konstruieren jetzt , sodass '',
oder ``wir zeigen gerade, dass
die linke Seite Teilmenge der rechten Seite ist''.
Achten Sie darauf, dass jede neue Variable eingeführt wird. Dafür gibt es
folgende Möglichkeiten:
- (In der Formulierung des Satzes)
Den Satz
kann man so formulieren:
Sei
und
. Wir nehmen an, dass .
Dann gibt es ein
, sodass
.
Oder
Sei
und
mit .
Dann gibt es ein
, sodass
.
- (Im Beweis) Sie brauchen eine Variable, um
zu zeigen.
Dann gehen Sie so vor:
Sei . ...
Wenn Sie schon vergeben haben:
Wir zeigen, dass für alle die Aussage gilt.
Sei . ...
- (Im Beweis) Sie wissen:
, und wollen mit einem
, sodass gilt, weiterarbeiten.
Dann gehen Sie so vor:
Sei so, dass .
oder
Wir wählen so, dass .
Wenn Sie schon vergeben haben:
Sei ein Element von , für das gilt.
- Sie wollen einen schwierigen Ausdruck abkürzen:
Sei
.
Wählen Sie die Variablennamen günstig.
(``Sei '' vs. ``Sei ''.)
Sinnvoll: und
.
Eine indizierte Variable (z.B. ) kann zwei
Bedeutungen haben:
- ist Vektor (dann ist die Variable)
und ist eine Abkürzung für .
- ist ein neues Symbol.
Verwenden Sie dort keine indizierten Symbole,
wo sie problemlos ohne Indizes arbeiten könnten.
Oft reicht die Zeit nicht aus, den gesamten Beweis zu
präsentieren. Geben Sie dem Zuhörer ein genaues
Zitat, wo er den Beweis nachschlagen kann (etwa:
[Pil83, p. 251] oder [Pil83, Proposition 8.10].
Je genauer, desto besser; ein Zitat wie etwa [Dem68] zwingt
den Leser, in Hunderten Seiten den Beweis suchen zu müssen.
Geben Sie einen Überblick über den Beweis, und
stellen Sie ein Lemma oder einen besonders interessanten
Beweisschritt im Detail dar.
Zeigen Sie Argumente aus der Arbeit, die der Zuhörer
vielleicht bei seiner eigenen Arbeit verwenden könnte, und
jene einfachen ``Standardüberlegungen'', die bei diesem
Thema immer wieder vorkommen.
- Buc91
-
B. Buchberger, Basic proof techniques, Notizen zum Kurs ``Praktische
Beweistechnik'', 1991.
- Dem68
-
P. Dembowski, Finite geometries, Springer-Verlag, Berlin, 1968,
Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete, Band 44.
- Kra94
-
S.G. Krantz, How to teach mathematics, American Mathematical Society,
Providence, RI, 1994.
- Pil83
-
G. F. Pilz, Near-rings, 2nd ed., North-Holland Publishing Company -
Amsterdam, New York, Oxford, 1983.
Richtlinien für Seminarvorträge (Entwurf)
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Copyright © 1997, 1998, 1999,
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Mathematics Department, Macquarie University, Sydney.
The command line arguments were:
latex2html -split 3 -no_subdir seminar-rl-3
The translation was initiated by Erhard Aichinger on 2004-10-19
Erhard Aichinger
2004-10-19